ACTiv lernen mit TZI

Ich bin nicht allmächtig.
Ich bin nicht ohnmächtig.
Ich bin teilmächtig.
Ruth. C. Cohn

Die von Ruth C. Cohn in die Welt gebrachte Idee der Themenzentrierten Interaktion (TZI) lässt sich, ACTiv umformuliert, in folgender 1-2-3-4-Formel zusammenfassen (s. a. die PDF-Übersicht):

1 Grundidee

Die TZI will lebendiges, wirkungsorientiertes Miteinander-Lernen und -Arbeiten fördern und bietet dafür ein Handlungskonzept für kooperative Kommunikation auf Augenhöhe an.

2 Prinzipien

Die TZI will Handlungsfähigkeit fördern indem sie vor allem zwei Prinzipien folgt, die sie ‚Postulate‘ nennt:

  • Leite dich selbst! — das Chairperson-Postulat
    – sich die eigene innere und äußere Wirklichkeit bewusst machen
    – Sinne, Gefühle und Gedanken zum Verständnis von sich selbst und der Umwelt nutzen
    – Entscheidungen treffen und die Verantwortung dafür übernehmen
  • Störungen haben Vorrang! oder auch Go where energy shows! — das Störungs-Postulat:
    – Hindernisse, Ablenkungen und Beeinträchtigungen auf dem Weg als Realität anerkennen
    – nach Möglichkeiten suchen, sie zieldienlich zu nutzen und zu überwinden

3 Grundannahmen

Ihre grundlegenden Werte formuliert die TZI zusammen mit ihrem Menschenbild in drei Grundannahmen (Axiomen):

  • Der Mensch ist autonom und eingebunden.
  • Achtung gebührt allem Lebendigen und seinem Wachstum.
  • Der Mensch kann frei wählen, innerhalb von veränderlichen Grenzen.

4 Perspektiven

Wenn Menschen miteinander lernen und arbeiten, ist die dynamische Balance zwischen vier Perspektiven förderlich:

  • ICH (subjektiv, persönlich)
  • WIR (auf die Interaktion in der Gruppe)
  • ES (auf die Ausrichtung und Aufgabe)
  • GLOBE (auf das Umfeld)

 

 

„ACTiv lernen“ oder im Sinne von Ruth C. Cohn, „lebendig lernen“, heißt dann:
Miteinander und voneinander lernen (WIR),
dabei die Verschiedenheit der beteiligten Menschen respektieren und nutzen (die einzelnen ICHs)
und sich gemeinsam, unter Berücksichtigung der äußeren Gegebenheiten (Globe)
und orientiert an geteilten Werten,
mit einer Sache, einem Thema, einer Fragestellung (ES) auseinandersetzen.

 

Die wesentlichen Elemente der TZI etwas ausführlicher:

Vier Perspektiven in dynamischer Balance

In jeder Gruppe gibt es die folgende vier Perspektiven: die subjektive (Ich) … die, auf die Interaktionen in der Gruppe (Wir) … die wert- bzw. aufgabenorientierte (Es) … und die, auf die Umgebungsbedingungen (Umfeld/Globe).

Die Gleichgewichtig­keit der Ich-Wir-Es-Perspektiven im Umfeld anzuerkennen und eine „dynamische Balance“ zwischen ihnen zu fördern, ist die Kern-Idee der TZI.

Zur dynamischen Balance gehören dann auch die zwischen intellektueller und emotionaler Beteiligung, zwischen Anspannung und Entspannung so wie zwischen Reden, Schweigen und Tun.

Der Begriff „dynamisch“ meint, dass die Balance nicht statisch, wie bei einer Waage, sondern, wie bei einem Fahrrad, nur im Prozess möglich ist.

Themenprinzip

Das Thema formuliert die Ausrichtung, die gemeinsame Aufgabe und das Ziel der Gruppenarbeit. Das Thema jeder einzelnen Arbeitseinheit hat einen Bezug zum Gesamtthema. Es soll die Teilnehmenden möglichst ganzheitlich ansprechen, sie dort abholen, wo sie sind, und zum nächsten Schritt einladen. Es soll weit genug sein, dass sich alle darin wiederfinden, und so begrenzt, dass es Orientierung gibt.

Partizipierende Leitung

Ein*e Leiter*in versteht sich als Teil des Systems, ist also zugleich Teil­nehmer*in und Leiter*in. Als Teilnehmer*in verhält er/sie sich modellhaft im Sinne der Prinzipien/Postulate und bringt sich selbst selektiv und authentisch mit seinen Gedanken und Gefühlen ein. Als Leiter*in erspürt er/sie die weiterführenden Themen, formuliert sie und führt sie ein, schlägt Arbeitsweisen vor und behält ihre Einhaltung im Blick. Er/sie beachtet die Balance zwischen Ich, Wir, Ausrichtung/Thema (Es) und Außenwelt (Globe).

Werte und Menschenbild

Die Werte und das Menschenbild der TZI sind in folgenden Grundannahmen (Axiomen) formuliert:

  1. Der Mensch ist eine psycho-biologische Einheit und er ist Teil des Universum. Er ist darum gleicherweise autonom und interdependent. Die Autonomie des Einzelnen ist um so größer, je mehr er sich seiner Interdependenz mit allen und allem bewusst ist.
  2. Achtung gebührt allem Lebendigem und seinem Werden, Wachsen und Vergehen. Entwicklung bedingt bewertende Entscheidungen. Das Humane ist wertvoll; Inhumanes ist wertbedrohend.
  3. Freie Entscheidung geschieht innerhalb einschränkender innerer und äußerer Grenzen. Erweiterung dieser Grenzen ist möglich.

Postulate

Als professionelles Handlungskonzept zur Beratung, Leitung und Begleitung von Gruppen, Teams und Gremien will die TZI die eigene Handlungsfähigkeit fördern und stellt hierfür zwei Postulate auf:

1. Das Chairpersonpostulat: Leite dich selbst

Dieses Postulat fordert zur Selbstleitung auf. Das bedeutet:

  • sich die eigene innere und äußere Wirklichkeit bewusst machen
  • Sinne, Gefühle und Gedanken zum Verständnis von sich selbst und der Umwelt nutzen
  • Entscheidungen treffen und die Verantwortung dafür übernehmen

Es gehört zur Realität menschlicher Existenz, dass die Selbstbestimmung inneren und äußeren Bedingungen unterliegt. Paradox ist, dass ich zum einen lernen soll, mich selbst zu leiten – und auf der anderen Seite kann ich mich der Selbstleitung und Selbstverantwortung auch nicht entziehen. Zum Beispiel: Selbst wenn ich jemandem gehorche, bin ich es, der entschieden hat, diesem zu gehorchen.

2. Das Störungspostulat: Störungen haben Vorrang

Dieses Postulat richtet die Aufmerksamkeit auf Störungen. Das bedeutet:

  • Hindernisse, Ablenkungen und Beeinträchtigungen auf dem Weg zum Ziel als Realität anerkennen
  • nach Möglichkeiten suchen, sie zu überwinden

Mögliche Störquellen sind sowohl innere Vorgänge körperlicher, emotionaler und rationaler Art als auch äußere Gegebenheiten physischer, ökologischer, sozialer, politischer Art. Wenn Störungen ignoriert oder verleugnet werden, spielen sie sich selbst in den Vordergrund und behindern Lernen, Arbeit und Wachstum. Deshalb gilt es, sie ernst zu nehmen und soweit zu bearbeiten, bis die Person oder Gruppe wieder handlungs- und arbeitsfähig ist.

Hilfsregeln

Die Hilfsregeln verstehen sich als einladende Anleitungen. Sie unterstützen die Verwirklichung der Postulate auf der Basis der Axiome:

  • Vertritt dich selbst in deinen Aussagen; sprich per ‚ich‘ und nicht per ‚wir‘ oder ‚man‘.
  • Wenn du eine Frage stellst, sage, wofür du fragst und was deine Frage für dich bedeutet. Sage dich selbst aus und vermeide das Interview.
  • Sei authentisch und selektiv in deinen Kommunikationen!
  • Halte dich mit Interpretationen von anderen zurück. Sprich stattdessen deine persönlichen (inneren) Reaktionen aus.
  • Sei zurückhaltend mit Verallgemeinerungen.
  • Wenn du etwas über eine andere Person sagst, sage auch, wofür du es sagst und was es dir bedeutet.
  • Seitengespräche haben Vorrang. Sie stören … und sind meist wichtig.
  • Nur einer zur gleichen Zeit bitte!

„Hilfsregeln helfen, wenn sie helfen“ (R. Cohn) und sie zum Gesetz zu machen, wirkt kontraproduktiv.

Ich möchte Menschen, die all dieses Leid nicht wollen, ermutigen,
nicht zu resignieren und sich ohnmächtig zu fühlen,
sondern
ihre Vorstellungskräfte und ihr Handlungsvermögen
einzusetzen,
um sich solidarisch zu erklären und zu verhalten,
solange wir noch autonome Kräfte in uns spüren.
Das ist das Eigentliche, was ich mit TZI möchte.“
Ruth C. Cohn

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Die Ideen für den oberen Teil und die 1-2-3-4-Formel stammen aus: „TZI ist so einfach wie 1-2-3-4“ auf tzi-wirtschaft.eu

Der untere Teil orientiert sich an: Die wesentlichen Elemente des TZI-Konzepts auf ruth-cohn-institute.org und wurde ebenfalls ACT-orientiert umformuliert.