Interpersonelle Neurobiologie

Baustelle gekennzeichnet am: 29.06.2024

Mindsight oder die Biologie des bemerkens*

Der Mindsight und der interpersonellen Neurobiologie von Daniel J. Siegel bin ich zum ersten Mal in meinem Sabbat-Sommer 2016 begegnet. In seinem Buch „Mindsight – Die neue Wissenschaft der persönlichen Transformation“ heißt es im Klappentext:

„Im Inneren eines jeden von uns findet sich ein Ozean von Gefühlen, Erinnerungen und Träumen – aber auch von Ängsten, Groll und Enttäuschungen. Diese können, wenn sie unbewusst bleiben, unser Denken und Handeln auf destruktive Weise beeinflussen. Mit Daniel Siegels „Mindsight“ erlangen wir eine klarere Sicht auf unsere eigene Innenwelt und die unseres Miteinanders. So ist es tatsächlich möglich, Traumata zu heilen und unser Hirn neu zu „trainieren“, sodass negative Erfahrungen unser Handeln nicht länger sabotieren. „Mindsight“ gilt in den USA als das Standardwerk für die praktische Umsetzung der Neuroplastizität.“

Das Buch hat mich berührt und mit seiner Klarheit und Lebensnähe auf eine stille, tiefe Weise, begeistert. Ich habe Dan dann Mitte Oktober auf dem Mindsight-Kongress in Berlin persönlich kennengelernt und als ich die Wirkung seiner Übungen (Wheel of Awareness & Everyday-Mindsight-Tools) erlebt und seine Sichtweisen nachvollzogen habe, hat sich für mich ‚ein Kreis geschlossen‘.

Mit hoher persönlicher Integrität betrachtet er die Wechselwirkung zwischen Mind/Geist (definiert als Prozess der den Energie- und Informationsfluss steuert), Brain/Gehirn plus Nervensystem (als ganzkörperliches Organ betrachtet) und Connections/Beziehungen (als erlebte Interaktionen) und stellt eine in sich schlüssige und mit vielen anderen Wissenschaften vernetzte Theorie auf.

Dabei macht er deutlich, dass körperliche, geistige und interaktive Prozesse zwar klar voneinander unterschieden werden können, dass sie jedoch untrennbar sind (das eine passiert nicht ohne das andere) und sie sich ununterbrochen wechselwirkend beeinflussen … und dass sie in der ‚biologischen Struktur‘ des Körpers, vor allem des Nervensystems ’sichtbar‘ werden.

Da sein Fokus auf der Wirkung ‚ausgerichteter Aufmerksamkeit‘ liegt, passt für mich hier „Biologie der Aufmerksamkeit“ … bzw. noch treffender: „Biologie des bemerkens*„.

Seine Sichtweisen und Erklärungsmodelle passen aus meiner Sicht uneingeschränkt sowohl zur funktional kontextuellen Sichtweise, dem wissenschafts-philosophischen Hintergrund von ACT, wie auch zu den anderen neuro-bio-logischen Beschreibungen.

Anwendung finden seine Ideen vor allem in der „5-Finger-Meditation“ die aus meiner Sicht eine tägliche Grundübung sein kann … weitere Infos zur ‚Quelle‘ gibt es hier … bzw. direkt bei Daniel Siegel selbst.

In dem Anfang 2021 aufgezeichneten Interview: „Gewahr sein – Interview mit Daniel Siegel“ gibt Daniel Siegel in einer halben Stunde einen guten Überblick, sowohl über seinen Weg wie auch über die Entwicklung, vor allem aber über die Ergebnisse und möglichen Wirkungen seiner Arbeit und seiner Forschungen.

 

*In der „Biologie des bemerkens“ (engl. Biology of noticing) schreibe ich das ‚bemerken‘ absichtlich klein, weil ich, wie bei den anderen ‚Biologien‘ auch, auf den prozesshaften Verlauf, auf das andauernde Tun bzw. Passieren hinweisen und immer wieder neu aufmerksam machen will. Und dieses fortwährende Tun, diesen fortdauernden Prozess, … kann mensch ‚bemerken‘ und auch willentlich lenken. Was manchmal leichter fällt, … manchmal kaum machbar erscheint  … aus meiner Sicht aber immer eine Option ist.

Aktualisiert am: 29.04.2021